Als Birgit und ich die diesjährige KulturTOUR planten und
sie die kleine 6000 – Seelen – Gemeinde Unterwellenborn ins Spiel brachte, habe
ich vermutlich ziemlich tiefe Gräben auf meiner Stirn produziert. Was zum
Henker wollen wir denn da?
Wenige Tage später, es war das erste Juli – Wochenende, erspähte
ich auf Birgits Facebook – Profil ein Bild einer dunkelhaarigen Dame mit
unserer roten Ente und freute mich ob des offensichtlichen Schalks in ihren mir
fremden Augen. Wenig später erfuhr ich: die Frau mit Ente und Humor ist Andrea
Wende, die Bürgermeisterin von Unterwellenborn. Ach gugge! JDas weckte die Neugier
in mir (bei Birgit geht das eindeutig schneller mit der Neugierweckerei) und
ich forschte ein wenig nach, was da so in Unterwellenborn interessantes für die
KulturTOUR dabei sein könnte und stieß auf einen jüngst gegründeten Verein zur
Rettung und Wiederbelebung des Kulturpalastes.
Ein Kulturpalast in Unterwellenborn? Die Antwort ist: JA –
und was für einer. Aber damit nicht genug, wie wir bei unserem Besuch im
Gemeindeamt am Mittwoch feststellen sollten. Aber von Anfang an ...
Andrea Wende nebst roter Ente (links im Bild *grins*) |
Begrüßt wurden wir in fröhlich - vergnügter Runde, was bei
einer Verwaltungsebene eigentlich immer schon ankündigt, dass der Termin
wirklich schön und gehaltvoll werden wird. So zumindest meine ganz bescheidene
Erfahrung in diesem Bereich. Neben der roten Ente und der Bürgermeisterin
Andrea Wende nahmen noch einige Amtsleiter am Gespräch teil, darunter auch die
Kulturdezernentin, die uns auch mit allerlei informativem Material versorgte.
Während des Gesprächs erfuhren wir wirklich allerhand
Wissenswertes und staunten immer wieder über die Selbstverständlichkeit, mit
der die Gemeinde für ihre Bürgerinnen und Bürger Geld für die sogenannten
freiwilligen Leistungen ausgibt. Durch das ansässige Stahlwerk und die damit verbundenen
Gewerbesteuereinnahmen ist Unterwellenborn in einer günstigeren Lage als die
meisten anderen Kommunen in Thüringen. Sie ist also Geberkommune, aber das
wirklich im doppelten Sinne.
So gab es vor etwa 2 Jahren ziemliches Aufsehen, weil
Unterwellenborn entschied, dem Theater Rudolstadt, welches nur wenige Kilometer
entfernt liegt, 50 000 Euro zu geben. Freiwillig! Aber so etwas wird in
Deutschland, dem Land der Paragrafen und Rechtsverordnungen nicht gern gesehen
und so bekam Frau Wende „einen auf den Deckel“, wie man so schön sagt. Aber
warum eigentlich? Warum DARF eine Kommune, die es sich leisten kann und vor
allem will, nicht einer Kultureinrichtung, von der sie schon aus touristischer
Sicht profitiert, Geld geben? Warum darf sie sich nicht am Erhalt beteiligen, gerade
in Zeiten, in denen die Theaterfinanzierung immer wieder zur Disposition
gestellt wird. Es ist einfach wirklich nicht zu fassen.
Noch dazu, wo es mit den Rudolstädter Symphonikern eine enge
Zusammenarbeit gibt, die kreativer eigentlich auch kaum sein könnte.
Unterwellenborn hat nämlich ein wirklich sehr schönes, modernes Freibad, in dem
in regelmäßigen Abständen die Musikerinnen und Musiker das Theaters Rudolstadt
im wahrsten Sinne des Wortes hohe Wellen schlagen. Dieses Freibad, wofür eine
Jahreskarte übrigens sehr erschwingliche 25 Euro kostet, wollten wir uns
natürlich unbedingt ansehen, zumal vor es dort vor kurzer Zeit leider einen
Brand gegeben hatte, bei dem das Wirtschaftsgebäude nicht mehr gerettet werden
konnte.
Wo ist hier wohl die Bühne? |
Also lud uns die Bürgermeisterin in ihr Auto und nahm uns
mit auf eine wahrlich rasante Tour durch ihre schöne Gemeinde, zeigte uns eben
jenes musikalisches Freibad, fuhr mit uns zum „Thüringer Meer“ und präsentierte
uns den berühmten Kulturpalast, von dem ich eingangs schon sprach.
Hier bekommt man eine Ahnung vom Ausmaß des Palastes und des Problems. |
Der Kulturpalast ist tatsächlich ein Palast, schon allein
von den Ausmaßen her. Dazu kommt, dass man die Schönheit der Fassaden noch
immer sehr gut sehen kann, auch wenn er schon viele Jahre nicht mehr genutzt
werden kann. Ein Gutachten hat ergeben, dass man 11 Millionen Euro investieren
müsste, um überhaupt wieder eine Inbetriebnahme gewährleisten zu können. Wer
hat schon 11 Millionen Euro übrig? Der private Eigentümer leider nicht, der
sich anfangs sehr um die Immobilie bemüht hatte. Für eine Kommune ist dies
natürlich auch nicht zu stemmen. Auch nicht für Unterwellenborn. Leider.
Birgit startete wenig später einen Aufruf bei Facebook: Wer hat eine Idee? |
Ich muss zugeben, ich habe mich ein wenig in Unterwellenborn verliebt. Und in den
Kulturpalast sowieso und deshalb bin ich persönlich sehr froh, dass Birgit
diese Station vorgeschlagen hat.
Liebe Grüße,
Katinka Mitteldorf
1 Kommentar:
Bis zum Jahr 2002 habe ich in der Verdi-Bildungsstätte Saalfeld ein bundesweites Bildungsurlaubsseminar zum Thema Kulturpolitik veranstaltet. Dabei haben wir mit unseren Teilnehmern die Kunstsammlung des Stahlwerks besichtigt. Ich fand es schön, daß es eine Kuratorin für die Sammlung gab. Wir haben auch über den Kulturpalast gesprochen. Es ist, schade daß 11 Jahre später immer noch nichts passiert ist. Die Meinung damals war,daß die Gewerkschaften dort hätten einziehen sollen, statt ein eigenes Heim zu bauen. Es wäre schön, wenn es eine Lösung geben könnte. Jan Stephan Hamburg
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